
Die französische Filmregisseurin, Fotografin und Künstlerin Agnès Varda (geb. 1928) drehte 1975 in Paris eine Dokumentation über den inhabergeführten Einzelhandel buchstäblich direkt vor ihrer Haustür: „Daguerréotypes“ ist ihre filmische Liebeserklärung an die Händler und Handwerker in der Rue Daguerre im 14. Arrondissement, in der Agnès Varda von 1951 bis zu ihrem Tod 2019 in der Hausnummer 88 lebte und arbeitete, also 68 ihrer 90 Lebensjahre.
Es ist überliefert, dass die zeitlebens kreative, autodidaktische Regisseurin in jener Zeit wegen ihrer zu betreuenden Kinder nicht reisen konnte: So nutzte sie ein 90m langes Stromkabel aus ihrem Hofatelier und drehte in dessen Radius das alltägliche Leben in den Läden „ihrer“ Straße. Es ist eine Dokumentation von knapp 80 entschleunigten Minuten, die Menschen und ihre Arbeit beobachtet. Nicht mehr und nicht weniger, aus heutiger Sicht auf jeden Fall ein unwiederbringliches Zeitzeugnis aus einer anderen Zeit.
Ab 2014 wurde Agnès Varda, in ihren letzten fünf Lebensjahren, von allen großen Filminstitutionen für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet: Sie erhielt den Ehrenleopard in Locarno, den Europäischen Filmpreis in Riga, die Palme d’honneur der Filmfestspiele in Cannes, den Ehrenoscar in Los Angeles, die Berlinale Kamera in Berlin. Wohl nicht in erster Linie für „Daguerréotypes“. Aber eben auch.
Der Film „Daguerréotypes“ von Agnès Varda ist auf dem Portal Mubi im Original mit Untertiteln zu streamen oder zu kaufen.
