Das Kürzel SSM steht für „Sozialistische Selbsthilfe Mülheim e.V.„. Die Initiative ist aber nicht parteipolitisch motiviert, wie der Name vermuten lässt, sondern lebt den Begriff „sozial“ wörtlich und sehr konkret. So arbeitet der Verein bereits seit mehr als 50 Jahren (!) an praktischen Lösungen, um Menschen mit viel Potenzial aber wenigen Chancen in unserer Gesellschaft ein würdiges und unabhängiges Leben zu ermöglichen. Es sind heute rund 30 Leute aller Altersgruppen, die sich gegenseitig in Arbeit bringen und Wohnraum für einander ermöglichen.

Sie haben in Köln-Mülheim, nah beim Rhein auf seiner „schäl sick“, einen in seiner Vielfalt und gesellschaftlichen Relevanz bemerkenswerten Ort geschaffen, der nur auf den ersten Blick ziemlich chaotisch wirkt: Einen Secondhandladen, dessen Sortiment aus Wohnungsauflösungen stammt (die wiederum einen planbaren Unterhalt der Initiatoren-Gruppe sichern). Es gibt hier wirklich alles, was in Wohnungen so übrig bleibt: Haushaltsgegenstände und Dekoration aller Art, Möbel, Nützliches und Kuriositäten, rare Vintage-Sachen und sogar Museumsstücke:

Neulich war ich im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) und sah dort in einer Vitrine sehr schöne, schlicht gestaltete Gläser aus den 1960er Jahren, aus einer Manufaktur im Rheinland. Designklassiker, sozusagen. Als ich zu diesen Gläsern später online recherchierte, entdeckte ich in einem Portal für Kleinanzeigen ein Angebot eben dieser Gläser: 10 Stück, fabrikneu und unbeschädigt. Kein Schnäppchen, aber zu einem fairen Preis, der darauf schließen ließ, dass der Anbieter wusste, was für Schätzchen er da hat. Das Angebot war eines von vielen des Ladens von SSM in Köln-Mülheim. Statt die Gläser per Versand zu bestellen nutzte ich eine Gelegenheit, um sie vor Ort abzuholen. Und das war wirklich ein Erlebnis: Alles ist beeindruckend gut organisiert („Haben Sie die Lagernummer der Gläser, die Sie meinen? Steht online auf der Produktseite“), multichannel-vernetzt („Mit dem Verkauf hier an der Kasse gehen die Gläser direkt aus dem Onlineshop“), die Präsentation im Laden akribisch sortiert, trotzdem absolut „cross-selling“ 😉 – und sympathisch verknappt: Offen hat der Laden in der Düsseldorfer Str. 74 nur Dienstags und Freitags nachmittags. Um die Ecke gibt es noch einen reinen Möbelladen – es lohnt sich!